Prognoseentscheidung

 

LSG München, Urteil v. 29.02.2012 – L 2 U 254/09 sozialgerichtsbarkeit.de

 

Grundsatz

"...Nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. BSG vom ...) haben alle Tatbestände für ein Ende des VG-Anspruchs nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII zwei Grundvoraussetzungen, nämlich

1) dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit und damit der Beendigung der unfallbedingten AU zumindest für die nächsten 78 Wochen nicht zu rechnen ist und

2) dass zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Anspruch auf berufsfördernde Leistungen bzw. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben besteht, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen (vgl. BSG a.a.O...).
 
Das Ende des VG-Anspruchs ist durch VA festzustellen, weil es eine Prüfung i.S. einer Prognoseentscheidung über den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit erfordert, die nicht durch die Gerichte ersetzt werden kann (vgl. BSG ...).
 
Die Frage, ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich dabei nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und weiteren Umständen, die der Unfallversicherungsträger bei seiner Prüfung berücksichtigen muss (vgl. BSG ...)..."

Gerichtliche Überprüfung:

"...Eine von der Verwaltung vorzunehmende Prognose ist vom Gericht dahingehend zu prüfen, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die hypothetische Tatsache erlaubt (...).
 
Eine Prognose ist fehlerfrei und verbindlich, wenn sie aufgrund der vorhandenen Umstände nachvollziehbar ist, insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt.
 
Dabei ist der Verwaltung ein gerichtlich nicht zu überprüfender Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative) zuzubilligen (vgl. BSG vom ...).
 
Ferner kann nur auf die der Verwaltung bekannten oder zumindest erkennbaren Umstände abgestellt werden. ...
 
Nicht erwogene Umstände, die sie auch bei sorgfältiger Ermittlung nicht kennen und berücksichtigen kann, vermögen die Rechtmäßigkeit der Prognoseentscheidung nicht zu berühren (vgl. BSG vom ...).
 
Fehlerhaft ist die Prognose, wenn sie von vornherein von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist (vgl. BSG B 10 EG 6/06 R a.a.O.) oder verfahrensfehlerhaft, z.B. unter Verstoß gegen das Amtsermittlungsprinzip, für die Beurteilung wesentliche Tatsachen nicht ermittelt bzw. berücksichtigt hat..."

 

Ende des Verletztengeldanspruchs

Rentenbeginn

BSG vom 13.09.2005, B 2 U 4/04 R

 

"...  Das Ende des Verletztengeldanspruchs nach §  46 Abs 3 Satz 2 SGB VII ist durch Verwaltungsakt festzustellen, weil es eine Prüfung iS einer Prognoseentscheidung erfordert, die nicht durch die Gerichte ersetzt werden kann (vgl Nehls in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 2005, § 46 RdNr 11; aA Mehrtens in: Bereiter-Hahn-Mehrtens, SGB VII, Stand 2005, § 46 RdNr 9. 3; differenzierend Ricke in: Kasseler Kommentar, Stand 2005, §  46 SGB VII RdNr 9; Krasney in Brackmann, aaO, § 46 RdNr 19).

Die Frage, ob berufsfördernde Leistungen zu erbringen sind, richtet sich dabei nach den Erfolgsaussichten, dem Alter des Versicherten und weiteren Umständen, die der Unfallversicherungsträger bei seiner Prüfung berücksichtigen muss (vgl Ricke, aaO, RdNr 11).

Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers an. Eine rückwirkende Feststellung der Voraussetzungen einer Beendigung des Verletztengeldanspruchs nach §  46 Abs 3 Satz 2 SGB VII kommt dabei nicht in Betracht (vgl im Ergebnis BSG SozR 3—2700 § 46 Nr 1).

Insoweit ist es entgegen der Auffassung der Beklagten unbeachtlich, ob eine Gewährung von Entschädigungsleistungen erst nachträglich zuerkannt wurde. Da die Beklagte bis zum 30. März 2003 keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger über eine Beendigung des Verletztengeldanspruchs erlassen hatte, bestand der Anspruch jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt, wie das LSG im Ergebnis zutreffend festgestellt hat. ..."

 

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BSG&Datum=13.09.2005&Aktenzeichen=B%202%20U%204%2F04%20R

Zurück nach oben
Zurück nach oben
Momentan online: 0 Besucher