Verkehrsuntüchtigkeit eines Fußgängers

Bayerisches Landessozialgericht   L 3 U 63/04   27.07.2006  
 
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Auch sind die Grundsätze der absoluten Fahruntüchtigkeit auf Fußgänger nicht übertragbar (BSGE 43, 293). Dass ein alkoholisierter Fußgänger Schwierigkeiten hat, den Weg nach Hause zurückzulegen, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme einer Lösung von der versicherten Tätigkeit. Auch hat sich eine BAK, bei der eine zweckgerichtete Arbeit keinesfalls mehr möglich ist, wissenschaftlich gesichert nicht feststellen lassen (Bereiter/Hahn a.a.O. 12.44 und 7.1). Es sind Fälle ungewöhnlicher Alkoholtoleranz bekannt, die dazu führen, dass trotz höherer BAK nur geringe oder keine Trunkenheitssymptome feststellbar sind (BSGE 48, 224, 227). Folglich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalles und die Person des Handelnden zu beurteilen und neben der BAK weitere beweiskräftige Umstände zu belegen, die auf ein alkoholtypisches Fehlverhalten schließen lassen, um den Ausschluss des Versicherungsschutzes begründen zu können (vgl. zuletzt Urteil des BSG vom 30.04.1991 in Breithaupt 1992 S.106 ff.). Nach den in der Unfallversicherung geltenden Beweisregeln sind hierbei - ebenso wie die positiven Tatbestandsmerkmale - die zum Ausschluss führenden Kriterien im Sinne eines Vollbeweises zu belegen (vgl. BSGE 43, 111; 45, 283; Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 8 Anm.12.43). Annahmen und Vermutungen reichen ebensowenig aus wie eine bloße Wahrscheinlichkeit (BSGE 35, 216, 218; BSG SozR 2200 § 550 Nr.29). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist und alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der Tatsache zu begründen (Bereiter-Hahn, § 8 Anm.10).

Als alkoholtypisch sind hierbei nur solche Verhaltensweisen zu bewerten, die sich nur durch den Alkoholgenuss erklären lassen oder die bei Personen unter Alkoholeinfluss wesentlich öfter vorkommen als gewöhnlich. Allein ein objektiv nicht nachvollziehbares Verhalten oder ein Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen lassen jedoch - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht bereits den zwingenden Schluss auf ein alkoholbedingtes Fehlverhalten zu. Als nicht alkoholtypische Verhaltensweisen sind Verhaltensweisen anzusehen, die - objektiv nachvollziehbar - auch bei einer Vielzahl von Verkehrstüchtigen in vergleichbaren Situationen vorkommen können.

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Der Senat ist dem Beweisantrag der Beklagten, Prof.Dr.E. zu hören, nicht nachgekommen. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob generell bei 2,2 Promille ein erheblicher Leistungsabfall zu bejahen ist. Beim Fußgänger kommt es nur darauf an, ob die Alkoholisierung die allein wesentliche Ursache für den Wegeunfall war. Dies ist - wie ausgeführt - nicht erwiesen. Der Senat hat die Zeugen S. und R. nicht noch einmal einvernommen, da es auf deren Angaben aus Sicht des Senats nicht ankam. Nachdem B. an der richtigen Haltestelle ausgestiegen war, um umzusteigen, ist von einem alkoholbedingten Leistungsausfall nicht auszugehen.

 

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