„Soweit das LSG ausführt, der Kläger habe "mit dem Besuch [bei der Freundin] auch rein eigenwirtschaftliche Interessen" verfolgt, könnte der Weg von M. nach D. zugleich auch dazu gedient haben, den eigenwirtschaftlichen Besuch zu beenden. Dann läge eine sog "gemischte Motivationslage" vor, dh eine objektiv beobachtbare Verrichtung (das Autofahren) mit gespaltener subjektiver Handlungstendenz bzw mit zwei subjektiven Zielen: Die Autofahrt hätte einerseits dazu gedient, den Ort der versicherten Tätigkeit zu erreichen (betriebliche Handlungstendenz), und andererseits, um den Besuch bei der Freundin zu beenden (privatwirtschaftliche Handlungstendenz). Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl BSG Urteile vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 20 ff; vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 24 und vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 1; dazu hierzu Spellbrink, WzS 2011, 351). Entscheidend ist also, ob die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 20). Das ist zu bejahen. Denn der Zeitpunkt der Abreise um 7.10 Uhr und die Autofahrt durch den morgendlichen Berufsverkehr über die A 46 Fahrtrichtung N. war durch das betriebliche Erfordernis bestimmt, die Beschäftigung als Auslieferungsfahrer um 8.00 Uhr am Ort der Tätigkeit pünktlich zu beginnen. Damit wird deutlich, dass nach den objektiven Umständen die Unfallfahrt im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand und ihr Gepräge nicht durch die private Motivation des Klägers erhielt, den Besuch bei der Freundin zu beenden. Denkt man das private Motiv (Beendigung des Besuchs) hinweg, so blieb der Kläger am Unfalltag arbeitsrechtlich verpflichtet, die Beschäftigung um 8.00 Uhr morgens in D. aufzunehmen. Diese arbeitsrechtliche Pflicht konnte er nur erfüllen, wenn er gegen 7.10 Uhr mit dem eigenen Pkw in M. aufbrach, um über die A 46 nach D. zu fahren, sodass die konkrete Autofahrt hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn das eigenwirtschaftliche Interesse entfiel, den Besuch zu beenden....
Bundessozialgericht
|
B 2 U 16/14 R
|
05.07.2016
|