Gesamt-MdE

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Wenn auf verschiedenen medizinischen Fachgebieten für die Folgen eines Versicherungsfalls Einzel-MdE-Sätze geschätzt worden sind, ist eine Gesamt-MdE zu bilden. Dies geschieht aber nicht durch eine schlichte Addition der einzelnen MdE-Werte, sondern durch eine Gesamtschau der Einwirkungen aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens der verschiedenen Funktionsstörungen.

Auch wenn die verbliebenen Behinderungen und Beschwerden auf verschiedenen medizinischen Fachgebieten sogar eher gegenseitig verstärken, kann dies nicht dazu führen, die einzelnen Grade der MdE v.H. schlicht zu addieren.

siehe auch Minderung der Erwerbsfähigkeit

Dazu das Bayerische Landessozialgericht - L 2 U 70/06

sozialgerichtsbarkeit.de

„...Die im vorliegenden Fall streitige Bildung der Gesamt-MdE ist grundsätzlich so vorzunehmen, dass sie in der Regel niedriger ausfällt, als die Summe der Einzelschädigungen.

Eine bloße Addition der Einzel-MdE-Sätze ist danach grundsätzlich nicht statthaft. Die Bildung der Gesamt-MdE ist in diesen Fällen vielmehr so vorzunehmen, dass die höchste Einzel-MdE gegebenenfalls unter Berücksichtigung weiterer Einzel-MdE-Sätze zu erhöhen ist.

...

Die Anwendung dieser Regel setzt voraus, dass eine durch den MdE-Satz zu berücksichtigende körperliche oder geistige Funktionseinschränkung bei der Bildung mehrerer Einzel-MdE-Grade nur einmal berücksichtigt ist. Bei einer mehrfachen Berücksichtigung im Rahmen der Bildung einer Einzel-MdE ist die betreffende Funktionsbeeinträchtigung bereits zu Unrecht über das tatsächlich vorliegende Ausmaß hinaus berücksichtigt. Der Umstand, dass die Einzel-MdE-Sätze nur jeweils klar abgrenzbare Funktionsbehinderungen, die sich nicht überschneiden, berücksichtigen, berechtigt deshalb noch nicht zu einer sonst grundsätzlich unzulässigen Addition der MdE-Sätze....“

Nach den "Grundlagen der Begutachtung von Arbeitsunfällen – Erläuterungen für Sachverständige –" des DGUV, 2018:

Einzel-MdE falsch zugrundegelegt

Urteil des BSG vom 13.02.2013 – B 2 U 25/11 R – Nur die im Rentenbescheid festgestellte Gesamt-MdE ist von der Bindungswirkung erfasst, nicht die der Gesamt-MdE zugrunde liegenden Einzel-MdE-Werte. Wird bei einer Überprüfung des Sachverhalts eine Fehldiagnose oder eine überhöhte MdE aufgedeckt und eine wesentliche Besserung des tatsächlichen Zustands festgestellt, ist § 48 Abs. 1 SGB X auch auf den von Anfang an rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt anwendbar.

MdE-Sätze mehrerer Versicherungsfälle sind getrennt voneinander festzusetzen

BSG, Aktenzeichen: B 2 U 50/02 R, Urteil vom: 19.08.2003

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind Gesundheitsschäden, die auf mehreren Arbeitsunfällen beruhen, jeweils getrennt zu beurteilen; die Bildung einer Gesamt-MdE kommt insoweit nicht in Betracht. Der sachlich und örtlich zuständige Unfallversicherungsträger hat vielmehr für jeden Arbeitsunfall die MdE und die Rente jeweils gesondert festzusetzen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 581 Abs 3 Satz 1 RVO (bzw nunmehr § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VII), dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Grundsatz des Ausgleichs (allein) des durch den Unfall herbeigeführten Schadens und der geschichtlichen Entwicklung des § 581 Abs 1 und 3 RVO. Nach der Rechtsprechung des Senats gilt dies auch dann, wenn durch mehrere Arbeitsunfälle dasselbe Organ betroffen wird und wenn für die Entschädigung dieser Unfälle derselbe Unfallversicherungsträger zuständig ist. Die Unfallfolgen aus den verschiedenen Versicherungsfällen sollen nebeneinander bestehen bleiben, uU mehrere getrennte Rentenansprüche auslösen und ggf auch eine unterschiedliche Entwicklung der Höhe der einzelnen MdE erfahren. ... Erforderlich ist mithin beim Vorliegen mehrerer Arbeitsunfälle die konkrete Feststellung, welche gesundheitlichen Schäden jeder dieser Unfälle im Einzelnen verursacht hat und welchen Grad der MdE die jeweiligen Unfallfolgen - für jeden Unfall getrennt - bedingen. Nur auf dieser Grundlage ist zu beurteilen, ob und in welcher Höhe Anspruch auf Verletztenrente(n) besteht.

Mehr dazu: Stützrente