Bedeutung für die gesetzliche Unfallversicherung
Urteil des Hessischen LSG vom 01.12.2009 - L 3 U 157/07
openjur.de
"...
Die Gerichtssachverständige führt für den Senat überzeugend aus, dass die psychischen Störungen nicht auf den Arbeitsunfall vom 31. Mai 2001 zurückzuführen sind. Die vom Kläger selbst als Auslöser klar genannten und seit Jahren bereits vor dem Unfallereignis bestehenden Arbeitskonflikte bestanden nach Darlegung der Sachverständigen wiederholt bereits vor dem angeschuldigten Unfallereignis und hätten auch schon bereits vorher im Jahr 1996 zu einem Suizidversuch motiviert. Des Weiteren sei der betriebsbedingte Wechsel der Belegschaft mit Wechsel des Vorgesetzten vom Unfallgeschehen unabhängig.
Wie die Sachverständige zutreffend ausführt, ist es selbst im Falle des Mobbings am Arbeitsplatz wegen eingeschränkter Leistungsfähigkeit infolge des Arbeitsunfalls unzulässig, daraus resultierende Gesundheitsbeeinträchtigungen als wesentliche Folge des Arbeitsunfalles selbst anzunehmen.
Auch eine Entschädigung als mittelbare Unfallfolge kommt insoweit nicht in Betracht, weil selbst wenn das vom Kläger geltend gemachte Mobbing eine Reaktion der Arbeitskollegen auf die Leistungsbeeinträchtigung des Klägers in Folge des angeschuldigten Arbeitsunfalls wäre, dieses als vom Wissen und Wollen natürlicher Personen getragene Verhalten als selbständige Zwischenursache nicht im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität dem Unfallereignis als Sekundärschaden, der sich aus dem Erstschaden entwickelt hat, zugerechnet werden kann (vgl. zum Sekundärschaden BSG, Urteil vom ...).
Der Anerkennung des Mobbings als Folgeunfall (vgl. dazu BSGE 63, 53) steht bereits der Umstand entgegen, dass es sich hierbei um kein punktuelles Ereignis handelt, das einen Gesundheitsschaden hervorzurufen vermag, weshalb eine Entschädigung als weiterer Arbeitsunfall im Sinne eines Folgeunfalls (vgl. Ricke, KassKomm, SGB VII, § 11 Rdnr. 4) nicht möglich ist.
Dies belegen die bereits in der Rechtsprechung geläufigen einschlägigen Definitionen, wie die des Bundesarbeitsgerichts, Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (BAG, Urteil vom ...), oder die des Thüringer Landesarbeitsgerichts (Urteil vom ...), Mobbing seien "fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen”.
Die Besonderheit der als Mobbing bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt damit darin, dass nicht einzelne, abgrenzbare Handlungen, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann (s. BAGE, Urteil ...).
Ferner wird Mobbing auch nicht in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung aufgeführt, weshalb auch nicht die Anerkennung als Berufskrankheit in Betracht kommt. Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer "Wie-BK" nach § 9 Abs. 2 SGB VII vor, weil insoweit auch keine neuen medizinischen Erkenntnisse vorliegen, nach denen die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als Berufskrankheit gem. § 9 Abs. 1 SGB VII erfüllt sind (siehe zum Vorstehenden ...). ..."
gesetze-im-internet.de/sgb_7/__9
Prävention, Definitionen, Versicherungsschutz, Leistungsrahmen
Typische Psychische Belastungen im Beruf und der Arbeitsunfall.
Typische Extrem- oder Gewaltsituationen, die zu psychischen Gesundheitsschäden führen können:
Wie wird psychisch krank definiert?
Unfallverletzte und Opfer von Gewalt suchen zunehmend nach geeigneten Psychotherapeuten für psychische Belastungssymptome. Fehltage aufgrund von Arbeitsunfähigkeit und der Wunsch nach Berentung aufgrund psychischer Störungen nehmen deutlich zu.
Mehr erfahren - Was bedeutet psychisch krank?
Wie wird ein psychisches Trauma definiert?
In der gesetzlichen Unfallversicherung gelten dafür rechtliche und medizinische Maßstäbe. Höchstrichterliche Rechtsprechung und ein möglichst breit gestützter aktueller wissenschaftlicher Kenntnistand über einzelne Krankheiten und deren Ursachen stellen die rechtliche Gleichbehandlung der Menschen sicher. Deshalb kommt es auf internationale wissenschaftlich anerkannte Diagnosemanuale an.
Wie definiert die Rechtsprechung die Rechtsbegriffe
Gesundheitschaden bzw.
Gesundheitserstschaden ?
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen ( § 8 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Auch psychische Erkrankungen können Folgen eines Arbeitsunfalls sein. Sie müssen aber klar bestimmbar sein und zeitlich, objektiv und wesentlich mit dem Arbeitsunfall zusammenhängen.
Mehr erfahren - Warum ist der Begriff Gesundheitsschaden so wichtig?
Etliche der relevanten Diagnosedefinitionen überschneiden sich, was die einzelnen Symptome angeht. Genaue Diagnostik ist daher notwendig, um z. B. zu klären, ob sich eine posttraumatische Belastungsstörung zurückgebildet hat und stattdessen ein anderes Krankheitsbild vorliegt. Das gelingt nicht nicht allen Therapeuten. Für die Patienten ist die richtige Diagnose aber wichtig, damit der evidenzbasierte Therapiepfad eingeschlagen wird.
Was bedeutet Verschiebung der Wesensgrundlage?
Nach extrem bedrohlichen oder schrecklichen Ereignissen (z.B. Naturkatastrophen oder von Menschen verursachte Katastrophen, körperliche Gewalt, schwere Unfälle, sexuelle Gewalt, schwerer Körperverletzung) kommt es unmittelbar zu einer Stressbelastung mit typischen Symptomen.
Mehr erfahren - Wie definiert man eine akute Belastungsreaktion?
Welche Traumata und Symptome werden für eine Posttraumatische Belastungsstörung
nach dem ICD 10 (WHO-Definition) mehr erfahren
dem ICD 11
bzw. dem DSM 5 - APA - mehr erfahren vorausgesetzt?
Nicht jede psychische Belastung erfüllt die Voraussetzungen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es gibt außer dieser Diagnose zahlreiche andere psychiatrische Diagnosen bzw Krankheitsbilder. Oft sind die Faktoren für die Entstehung wissenschaftlich noch nicht hinreichend geklärt. Eine psychische Erkrankung kann bislang nur im Versicherungsfall Arbeitsunfall entschädigt werden. Bisher wurde keine psychische Berufskrankheit in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen.
Psychische Störungen ohne "massives Trauma"
- die Anpassungsstörung:
identifizierbare psychosoziale Stressoren wie z. B. Krankheit, Behinderung, sozialökonomische Probleme, Konflikte im häuslichen oder beruflichen Umfeld bewirken vorübergehend Sorgen und Grübeln und weiteres...
Welche Belastungen und Symptome werden dafür
nach ICD 10,
und DSM 5 vorausgesetzt?
Analyse der Faktoren für psychische Belastungen wie atypische Arbeitszeiten, hoher Arbeitsdruck und Arbeitsverdichtung, Kommunikation usw.
Akutintervention nach traumatischen Ereignissen
Freiburger Arbeitsunfallstudie